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Geschichte

In einem Urbar des Neuklosters in Wr. Neustadt aus dem Jahr 1365 findet sich die Fassung "für den Techanitz". Die nächste Namensform stammt erst aus dem 16. Jahrhundert. Berichtet wird von "die Wegschait am Dechentz", und 1565 taucht unter den zinspflichtigen Siedlungen ein "Techants" auf. Hier bezeichnet "Techants" nur eindeutig den Namen der "Siedlung", die man sich als Gruppe verstreuter Häuser vorstellen darf. In der Zeit zwischen 1593 und 1630 entstanden schließlich die ältesten noch erhaltenen Aufzeichnungen, die sich eingehender mit "Dechnitz" befassten.

In Wirtschaftsbüchern der Herrschaft Stixenstein finden sich Zahlungsvermerke, die sich auf eine Dienstleistung für die Mühle an die Herrschaft beziehen. Diese "Mühl am Dechnitz" wird auch in späteren Quellen erwähnt und ist mit der Forstner-Mühle ident, die in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts abgerissen wurde. In den oben erwähnten Wirtschaftsbüchern wird im Jahr 1632 ein "Hanns Neukhircher" als Besitzer der Mühle und ein "Nicl" (Nachname unleserlich) als Besitzer eines Hofes "in Mütter-Dechnitz" erwähnt. Außerdem ist ein "Sagmeister am Dechnitz" bekannt, dem für das Schneiden von Lindenblöcken ein Gulden und 16 Kreuzer bezahlt wurden.

In den 50er Jahren des 18. Jahrhunderts ist dann erstmals von einer "Pulverstampf" die Rede. Zu dieser Zeit muss "Dernitz", wie es mittlerweile heißt, bereits ein kleines Dorf gewesen sein, denn mehrere Müller und sogar ein Wagner sind urkundlich bestätigt. Tatsächlich berichtet die NÖ Topographie des Wilhelm Weiskern aus dem Jahre 1768 bereits von "Ternitz Dorf bei St. Johann nächst Neukirchen, mit Pulvermühle". Ab diesem Zeitpunkt bleibt auch die Schreibweise unverändert, die Description zur Josefinischen Kriegskarte (1787) bezeichnet Ternitz als "... ein aus wenigen Häusern bestehendes Dörfel, lieget am Pfennigbach (=Sierning), wobey eine solid gebaute Pulvermühle befindlich." Kaiser Josef II. ließ Steuererhebungsbögen anlegen, in diesen sogenannten Josefinnischen Fassionen wird von einer "Ried am Ternitz" gesprochen.

Sieben Häuser mit unterschiedlich großem Grundbesitz gab es damals, der Besitzer des Hauses Nr. 1 war Franz Steinhauser. Dieses Gebäude, zu dem auch ein Holzplatz gehörte, ist heute besser unter dem Namen "Herrenhaus" bekannt. 1820 gehörte es zum Besitz des Pulvermachers Joseph von Zummer, der es als Wohngebäude benützte. Wo heute die Südbahn die Sierning kreuzt, befand sich das Anwesen des Hammerschmieds Joseph Steinhauser, der den als "Ruedlhammer" bekannten Hammer betrieb, von dem um 1800 als "Neuer Bajonetthammer" berichtet worden war. Ternitz bestand 1833 immer noch aus sieben Häusern, der Ort zählte zehn Familien, 21 männliche, 21 weibliche Personen und sechs Schulkinder. Eine zeitgenössische Schilderung berichtet uns: "Die Einwohner sind größtenteils Gewerbsleute, da der kleine Ort ein Pulverwerk, eine Hammerschmiede, zwei Mahlmühlen mit Brettensägen, ein Wirtshaus und bloß zwei Kleinhäuser zählt; der Feldbau ist daher äußerst unbedeutend, es gibt aber bei den Häusern Obstgärten. Die zerstreuten Häuser von Ternitz liegen flach in der Nähe der Einmündung des Sierningbaches in den Schwarzafluß zunächst den Dörfern St. Johann, Rohrbach a. St., Dunkelstein und Pottschach, wohin überall Feldwege führen. Der Sierningbach treibt die Mahl- und Sägemühlen, das Hammerwerk und 5 Pulverstampfen."

Der Planung der 1839 projektierten Strecke "Wien-Gloggnitz", dem ersten Teilstück der späteren Südbahn, fielen zunächst diverse Pulvermühlen und eines der beiden Hammerwerke zum Opfer. Übrig blieb nur der bereits erwähnte "Ruedl-Hammer". Die Bahn wurde 1842 eröffnet, Ternitz hatte anfänglich nicht einmal eine Station, diese befand sich in Pottschach, erst im 1847, nach der Gründung des Stahlwerks erhielt auch Ternitz eine eigene Station. Im Zuge des Bahnbaues kamen auch die ersten Arbeitermassen, rund 1.100 Arbeiter, aus allen Gegenden der Monarchie. Diese Zahl entsprach etwa der damaligen Bevölkerung von Ternitz mitsamt seinen heute eingemeindeten Gebieten. (In Ternitz selbst lebten nur wenig mehr als 50 Menschen!).

Ein weiteres Novum war der (Massen)Tourismus. Erst durch die Bahn war es einem großen Teil der Bevölkerung möglich, Erholung "im Grünen" zu finden, und für die reiche Schicht war es jedenfalls einfacher geworden. Der Fremdenverkehr erfasste auch Ternitz, vor allem Pottschach hatte - als Ausläufer des boomenden Semmering-Tourismus - um die Jahrhundertwende regelmäßig rund 1.000 Gäste, die ihre "Sommerfrische" hier verbrachten.

Erst die sich immer weiter ausbreitende Industrie machte dieser Entwicklung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein Ende. Am 27. März 1846 schließlich suchte der Gumpendorfer Stahlwarenfabrikant Franz Müller sen., Inhaber der Firma "Martin Müller und Sohn", um die Errichtung einer Schleife und eines kleinen Hammers an. Er plante den Betrieb eines Polierwerkes, Streckhammers, Walzwerkes, Stahldrahtzuges und oben erwähnter Schleife. Die Antriebskraft sollten vom Sierningbach, aber auch vom Schmelzwasser der Schwarza kommen. Das Werk wurde am 27. Juni 1847 bewilligt und "Theresienhütte am Ternitz" (nach Millers Gattin) benannt. Müller hatte sich mit seinen Investitionen aber übernommen, und 1855/56 mußte er seinen Betrieb an Karl Ludwig Freiherr von Reichenbach verkaufen. Die "Ternitzer Eisenwerke Reichenbach" wechselten allerdings wenige Jahre später erneut den Besitzer, denn bereits am 3. Februar 1862 wurde zwischen Reichenbach und Aleksander Ritter Von Schoeller "unter Beitritt der k.u.k. privaten österreichischen Creditanstalt für Handel und Gewerbe in Wien ein Kaufvertrag geschlossen".

Die Anordnung der Fabrikshallen erfolgte entlang der Schienenstränge, da die Nähe der Bahn für das Werk von Bedeutung war. Die nach und nach entstehenden Arbeitersiedlungen wurden anfänglichst in der Nähe der Fabrik, mit zunehmender Verbauung auch jenseits der Bahn errichtet. Ihre Anordnung war regelmäßig und geometrisch, es findet sich kein Anhaltspunkt einer unregelmäßigen, natürlich gewachsenen Siedlung.

Die neuen Bezirkhauptmannschaften wurden 1850 mit der Bildung von Ortsgemeinden beauftragt. In der Folge wurden aus den Katastralgemeinden St. Johann am Steinfeld, Dunkelstein und Rohrbach am Steinfeld selbständige Ortsgemeinden, das Dörfchen Ternitz hingegen, das am Schnittpunkt dieser drei Gemeinden lag, war noch zu unbedeutend, um selbstbestimmend für die künftige Entwicklung mitentscheiden zu können. Eben diese Entwicklung war aber in den folgenden Jahreszehnten von der sukzessiven Vergrößerung der Industrieanlagen geprägt.

Die allerersten Arbeiterwohnhäuser auf heutigem Ternitzer Boden wurden noch in den 1840er Jahren von der Baumwohlspinnerei Karl Friedrich Bräunlich in Pottschach errichtet. In den 60er Jahren erstanden dann die Ternitzer "Arbeiterkasernen" im großen Stil. Die erste Bautätigkeit galt dem sogenannten "Faseth-Dörfl", bestehend aus sechs Häusern und einem großen Wohnhaus.

Zwischen 1870 und 1880 nahm die Bautätigkeit stark zu. Zum einen erstand eine Wohnkolonie aus 12 Häusern, das "Walddörfel", benannt nach dem nahegelegenen Föhrenwäldchen, zum anderen wurde die aus 21 Häusern bestehende Siedlung "Gimpelinsel" (schräg gegenüber dem Bahnhof) errichtet. Mit der 1866 entstandenen Ruedl'schen Fabrik "feuerfeste Steine" kam ein weiterer Betrieb dazu, der nun auch in Rohrbach das rasche Wachstum des Ortes beeinflußte.

Mit der rasanten Ortsentwicklung wurden auch zahlreiche kommunale Einrichtungen notwendig. Ein Post- und Telegraphenamt, eine selbstverwaltete Krankenkasse und eine Privatschule für Angehörige der Schoeller-Werke wurden ins Leben gerufen. 1875 öffnete schließlich die neuerbaute "öffentliche Volksschule in Ternitz" ihre Pforten.
Trotz dieser Aufbruchsstimmung hatten die meisten Ternitzer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wohl nicht viel zu lachen. Die Wohnverhältnisse in den Arbeiterhäusern waren katastrophal. Man hauste auf engstem Raum. Zwar waren die eigenen Werkswohnungen ein Fortschritt gegenüber den Jahrzehnten davor, als die Arbeiter für hohe Mieten bei den Bauern der Umgebung untergebracht waren und dort noch bei der Ernte mithelfen mussten, trotzdem stellten die "sozialen Wohnungen" für die Unternehmer ein ausgezeichnetes Disziplinierungsmittel im Kampf gegen Streiks und die Arbeiterbewegung insgesamt dar. Erst in den 80er Jahren wurde das Verbot für Kinderarbeit unter 14 Jahren, das Nachtarbeitsverbot für Frauen und Jugendliche(!), der Maximalarbeitstag von elf Stunden(!) und die 24stündige Sonntagsruhe(!) eingeführt. In einer Zeit, als es den Arbeitern bis kurz davor noch verboten war, unter sich Vereinbarungen zu Treffen, um günstigere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen, wichtige Verbesserungen.

Gegen Ende des Jahrhunderts hatte sich die Siedlung Ternitz derart verändert, dass nun auch die Bezirkhauptmannschaft vermehrt forderte, die drei Gemeinden sollten zu dem Plan "Bildung einer Gemeinde Ternitz" Stellung nehmen.

Die Volkszählung aus dem Jahre 1880 ergab für Unter,- Mitter- und Oberternitz 1.644 Einwohner, 1900 hatte alleine die Gemeinde Dunkelstein 2.529 Einwohner (im Vergleich dazu Pottschach mit 2.369). Aus dieser Zeit stammen auch Turnhalle und Rathaus.

Das Anwachsen der Bevölkerung und die sich langsam bessernden Lebensverhältnisse förderten auch das Entstehen eines Vereinswesens. Nahezu sämtliche Ternitzer Feuerwehren wurden in diesen Jahrzehnten gegründet. Musikkapellen, Eisschützenklubs und vor allem die zahlreichen Arbeitsvereine ("Liederkranz", Radfahr-Verein, Turnverein, etc.) sorgen für gesellschaftliche Aktivitäten.

Die große Krise brach am Vorabend des Ersten Weltkriegs auch auf die Ternitzer herein. Mit der Umstellung auf Kriegswirtschaft und dem Rückgang der Wirtschaftkonjunktur verschlechterte sich auch die Lage der Arbeiter. Das Kriegsdienstleistungsgesetz und der militärische Strafvollzug wurden eingeführt, die Schutzbestimmungen für Frauen und Jugendliche aufgehoben. Die Ternitzer Stahl- und Eisenwerke waren voll in der Kriegswirtschaft integriert, Schoeller arbeitete als Rüstungsbetrieb. Die Lage der arbeitenden Bevölkerung hatte mit Fortdauer des Krieges einen Tiefstpunkt erreicht, zumal es bereits auch zu Nahrungsknappheit und Versorgungsmängel gekommen war. Nachdem es schon in den Monaten zuvor zu Arbeitsniederlegungen und Protesten gekommen war, machten die Ternitzer Arbeiter am 15. Jänner 1918 ernst. In Neunkirchen fand eine Versammlung mit rund 10.000 Menschen statt, bei der das Außenministerium aufgefordert wurde, Frieden zu schließen. Am nächsten Tag traten die Arbeiter bei Schoeller in den Ausstand, sie zogen zur Gummifabrik in Wimpassing, um die dortige Arbeiterschaft zur Teilnahme am Streik zu bewegen. Militär wurde angefordert, um die Arbeiter von Brevellier in Neunkirchen am Streik zu hindern. Solche Massendemonstrationen hatte die Monarchie kaum noch gesehen, Ternitz galt als "Sitz des Radikalismus", die Parteileitung der Sozialdemokraten, unter ihnen Karl Renner, Abgeordneter aus dem Bezirk Neunkirchen, versuchte, auf die Arbeiterschaft einzuwirken. Es dauerte bis 24. Jänner, bis die Arbeit wieder aufgenommen wurde. Der Jahresstreik, der größte seiner Zeit, hatte zwar kaum Auswirkungen gezeigt, dennoch war er aussagekräftiges Symptom für den schlechten Zustand der zerbröckelnden Monarchie.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges setzen die Gemeinden Dunkelstein, Rohrbach und St. Johann ihre Verhandlungen, sich zur Großgemeinde zu vereinigen, fort. 1923 war es dann so weit, Josef Wochesländer, bis dahin Bürgermeister von Dunkelstein, wurde zum ersten Bürgermeister der neuen Gemeinde "Ternitz". Die "Großgemeinde" zählte mittlerweile 7.680 Einwohner (Volkszählung von 1920), 1925 folgte eine weitere Vergrößerung, als Neu-Pottschach dazukam, die heutige Grenzgasse bildete fortan die neue Grenze zwischen Pottschach und Ternitz. 1924 wurden die Schoeller Werke mit der steirischen Bleckmann-Stahlwerke AG und Firma fusioniert, mit der neugegründeten Firma "Schoeller-Bleckmann-Stahlwerke AG" erhoffte man, einen Weg aus der misslichen wirtschaftlichen Lage zu finden. 1932, am Höhepunkt der Krise, waren nur mehr 435 Arbeiter und 104 Angestellte im Werk beschäftigt. Arbeitslosigkeit, Hunger und Elend waren an der Tagesordnung.

Dazu kam die Verschärfung der innenpolitischen Lage, die Bestrebungen seitens der von den Christlich Sozialen dominierten Regierung, mittels Notverordnungen zu regieren, führten 1933 zur Auflösung des Parlaments. In der Folge kam es zur schrittweisen Einführung eines diktatorischen Regimes in Österreich. Die Arbeiterschaft, die sich zu wehren versuchte, wurde im Bürgerkrieg am 12. Februar 1934 geschlagen. In Ternitz erinnert die "Straße des 12. Februars" daran, dass es auch in unserer Stadt zu blutigen Auseinandersetzungen in der Ersten Republik gekommen war.

Für den Wohnbau war mittlerweile ebenfalls nicht mehr die Fabrik, sondern die Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungs-Aktiengesellschaft, zuständig. Sie verwaltete fortan die rund 1.200 Wohneinheiten der Werksbetriebe von Schoeller-Beckmann. Im Zuge der Wirtschaftskrise wurden aber kaum Häuser gebaut. Eine massive Bautätigkeit setzte wieder mit dem Zweiten Weltkrieg ein. Zwischen 1939 und 1942 errichtete man insgesamt 557 Wohnungen, Einfamilienhäuser und zwei Ledigenheime, allesamt mit Mitteln, die sich die jetzt herrschenden Nationalsozialisten durch den Krieg wieder zurückholen wollten. Mit Fortdauer des Krieges fehlten allerdings auch für weitere Wohnungen die Mittel. Diese wurden vermehrt in die Kriegswirtschaft investiert. Schoeller-Beckmann mauserte sich immer mehr zum Rüstungsbetrieb. Mit unfangreichen Investitionen und Modernisierungen ab 1938 erfuhr das Werk eine erhebliche Ausweitung. Im neuen Kombinationswalzwerk wurden beispielweise schwere Panzerbleche für die Panzerfertigung in Mürzzuschlag hergestellt. Der Personalstand erreichte seinen Höchststand 1944 mit 6.135 Beschäftigten. Ein Drittel davon waren Kriegsgefangene, die in Arbeiterlagern in Blindendorf und Rohrbach untergebracht waren und zur Zwangsarbeit im Stahlwerk rekrutiert wurden. Obwohl der Rüstungsbetrieb in Ternitz ein Hauptziel für die Alliierten gewesen sein musste, gab es auf Ternitz "nur" zwei Bombenangriffe, einer davon galt der in der Rohrbacher Spinnerei untergebrachten Dependance der Wiener Neustädter Flugzeugwerke. Insgesamt forderten diese 19 Todesopfer.

Ende März zogen sich die führenden Nationalsozialisten vor der herannahenden Roten Armee Richtung Schwarzau im Gebirge zurück. Das Werk Ternitz sollte durch einen eigens eingerichteten Zerstörtrupp demoliert werden, dass es nicht dazukam, ist vor allem dem Oberingenieur und späteren Minister Karl Waldbrunner zu verdanken, der das völlig unbeschädigte Werk am 2. April dem russischen Kommandanten übergeben konnte. Die unter den Nationalsozialisten errichteten Anlagen wurden trotzdem von den Sowjets beschlagnahmt, 80% der Werksanlagen wurden bis August 1945 demontiert.

Der feierliche Akt, durch den Ternitz zur Stadt erhoben wird, krönt ein Jahrhundert einer erstaunlichen Entwicklung. Die niederösterreichische Landesregierung vollzieht mit der Stadterhebung nur den Akt der Anerkennung dessen, was schon geworden ist.

Diese Worte stammen vom damaligen Bundespräsidenten Karl Renner, der am 15. August 1948 dem Festakt zur Stadterhebung beiwohnte. In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten auch die Ternitzer mit Lebensmittelengpässen, Krankheiten, Hunger und vor allem menschlichen Leid zu Kämpfen. Gegen Kriegsende war die Lebenserhaltung der Arbeiter auf der der vorindustriellen Zeit gesunken. Bei Schoeller-Bleckmann, das 1946 verstaatlicht wurde, begann man mit neuen Investitionen und dem Wiederaufbau der Anlagen. Seitens der Gemeinde versuchte man, die Bevölkerung mit verschiedenen Aktionen zu unterstützen. Brennstoffaktionen, Säuglings-Wäschepakete und Darlehen für Siedler wurden eingeführt.

Jetzt baute auch die Stadt Gemeindewohnhäuser, das erste Gebäude war das Haus Franz Dinhobl-Straße 46. 1953/54 konnte, nachdem man in den unmittelbaren Nachkriegsjahren in einer Notschule unterbracht war, der Unterricht in der neuen Hauptschule aufgenommen werden. Ebenfalls 1954 wurde die kostenlose Lernmittelbeistellung (Schulhefte, Bücher, etc.) eingeführt, eine Aktion, die in vielen Gemeinden erst später Nachahmer fand.
Es dauerte bis in die Mitte der 50er Jahre, bis der wirtschaftliche und kommunale Wiederaufbau abgeschlossen war. Zwischen 1956 und 1960 betrug die Wachstumsrate bei den Eisen- und Stahlbetrieben der verstaatlichen Industrie 57,88(!) Prozent. Dieser Aufschwung war auch bei Schoeller-Beckmann nicht aufzuhalten. Darüber hinaus setzte man hier vermehrt auf hochqualitative Erzeugnisse, so dass erst die Stahlkrise 1966/67 zu Verlusten und zu einer Rezession führte. In den Jahren danach gab es aber wieder Hochkonjunktur, der Beschäftigtenstand betrug 1973 4.218 Personen. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verbesserte sich auch die soziale Lage der Ternitzer. Zahlreiche Einfamiliensiedlungen wurden errichtet, die neue Freizeit konnte in öffentlichen Einrichtungen wie Parkbad und Stadthalle, die bereits Ende der 50er Jahre zur Verfügung standen, genossen werden. 1960 wurde die Musikschule eröffnet, ab 1968 gab es dann auch in Pottschach eine eigene Musikschule, und auch das Vereinswesen blühte wieder auf.

Die Gemeinden Flatz und Sieding vereinigten sich 1969 mit der Stadtgemeinde Ternitz, und am 1. Jänner 1974 kam es zum Zusammenschluss der Gemeinden Pottschach und Raglitz mit Ternitz.

Die neue Stadt zählte rund 16.000 Einwohner, in ganz Niederösterreich war man die achtgrößte Stadt. Das ehemalige Dunkelsteiner Rathaus war für die neuen Verwaltungsaufgaben zu klein geworden. In einem neuen Stadtzentrum sollten Verwaltung, Geschäftsleben und Wohnen vereint werden. Als idealen Platz befand man die größte freie Fläche auf dem neuen Gemeindegebiet, es bot sich darüber hinaus an, die Ortsteile von Pottschach näher aneinanderrücken zu lassen. Post, Gendarmerie, Mutterberatung, Feuerwehr, Arbeitersamariter, alles war nun an einem Platz zentriert. Leider wurde vor allem das künstlich geschaffene Geschäftszentrum von der Bevölkerung nie wirklich angenommen. War in der ersten Hälfte der 80er Jahre mit dem größten Supermarkt im Bezirk noch ein moderner "Einkaufsmagnet" vorhanden gewesen, sahen sich die Geschäfte in den folgenden Jahren mit einem rasant sinkenden Interesse der heimischen Bevölkerung konfrontiert. Trotzdem bot das Gelände weiterhin Raum für zahlreiche neue Wohnbauten. Mit dem Kindergarten und der neuen Volksschule sind 1998 zwei weitere Einrichtungen geschaffen worden, die zeigen, dass das "Zentrum" - wenn schon nicht als Einkaufsparadies - zumindest als kommunaler Mittelpunkt lebendig bleiben wird.

Die 70er Jahre bedeuteten auch für die Ternitzer, Jahre steigender Lebensqualität, vermehrter Freizeit und immer höheren Lebensstandard. Sportliche und kulturelle Einrichtungen ermöglichen die Ausübung fast jedes denkbaren Hobbys in der eigenen Heimatgemeinde. 1978 öffnete die Volkshochschule und die Galerie "Phönix" im ehemaligen Herrenhaus ihre Pforten, eine Bücherei und der Pensionistenklub waren ebenfalls in diesem neuen Bildungszentrum untergebracht. Die 1979 fertiggestellte Mehrzwecksporthalle und die Tennisplätze, sowie die später errichtete Kunsteisbahn machten dieses Gelände zum sportlichen Treffpunkt zahlreicher Ternitzer Vereine.

Diese Aufbruchstimmung wurde Mitte der 80er Jahre jäh durch die verschärfte Stahlkrise und die schlechte wirtschaftliche Lage der Vereinigten Edelstahlwerke (VEW), denen die ehemaligen Schoeller-Bleckmann-Werke seit 1975 angehörten, gebremst. Allen Protestkundgebungen der Bevölkerung und Beteuerungen seitens der Politiker zum Trotz wurde das Stahlwerk am 8. September 1986 geschlossen. Betrug der Belegschaftsstand in der VEW Ternitz 1975 noch 4.242 Personen, so sank er 1988 auf 1.806 Personen herab. Zahlreiche Hallen, die nicht mehr benötigt wurden, wurden geschliffen. Neue kleine Betriebe siedelten sich zwar in Ternitz an, aber viele Menschen bleiben ihnen gegenüber doch mißtrauisch.

Trotz dieser krisenhaften Entwicklungen, oder gerade deswegen, setzte die Stadtgemeinde auf weitere Erhöhung der Lebensqualität ihrer Einwohner. 1987 wurde das Parkbad generalisiert und unter dem Namen "blub" wiedereröffnet. Ein Jahr zuvor war der Grundstein für die Behindertenwerkstätte gelegt worden. Zahlreiche Wohnungsneubauten ab Anfang der 90er Jahre, Renovierungsmaßnahmen und vor allem ein modernes Ortsbildkonzept wurden in Angriff genommen. Neue Straßenbauten (Werkstraße, Dammstraße ) und zwei Kreisverkehranlagen veränderten die Verkehrsstruktur, und entlasten wirkungsvoll die Siedlungsgebiete vom Durchzugsverkehr. Kultur wird wieder groß geschrieben, mit großem Aufwand wurde das Herrenhaus durch einen Neubau erweitert und zu einem modernen Bildungszentrum (biz) ausgebaut. Die geschichtsinteressierten Ternitzer können in einem einmaligen Ausgrabungsprojekt am Petersberg Einblick in die Vergangenheit ihrer Region gewinnen.

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